Ich habe mich bedingungslos für die Liebe entschieden
Wie mein Sohn mich die Liebe lehrte
Mein ganzes Leben lang war ich ein sehr ungeduldiger Mensch. Nichts, aber auch wirklich nichts ging mir schnell genug. An einer Ampel war ich völlig nervös und unruhig, wenn die nicht augenblicklich auf grün schaltete. Es nervte mich über die Maßen, wenn ich mein Handy einschaltete und dort stand „bitte warten“. War ich erkältet, wollte ich unbedingt ganz schnell wieder gesund werden, was zur Folge hatte, dass ich mir jedes Mal habe Antibiotikum verschreiben lassen und so kamen im Laufe der Jahre 30-40 Packungen zusammen.
Auf einer dreispurigen Straße wechselte ich immer die Fahrspuren um am schnellsten zwischen den Autos hin- und her zu springen. Da habe ich sogar einmal eine Mail einer Autofahrerin erhalten, die sich hinter mir im gleichen Stau befand (meine Mailadresse steht plakativ auf meinem Auto) und mein Verhalten im Verkehr beobachtet hatte. Sie nannte mein Fahrverhalten „bemerkenswert“, denn letztendlich sind wir zeitgleich aus dem Stau rausgefahren. Ich in Hektik, sie in aller Seelenruhe, weil sie die Zeit für sich genutzt hat.
Zeit
ist ein so kostbares Gut und gleichzeitig ist sie eine Illusion, denn wir haben alle gleich viel davon. Ich durfte lernen, dass die Zeit, die wir im Hier und Jetzt präsent verbringen wirklich gelebte Zeit ist. Nicht in Gedanken im Gestern, nicht schon in der Zukunft.
Mit 34 Jahren habe ich meinen Sohn geboren, der das Down Syndrom hat. Damals ein gewaltiger Schicksalsschlag für mich. Heute das schönste Geschenk in meinem Leben! Der liebe Gott schickte ihn in mein Leben und ich durfte so viel von ihm lernen.
Wahrscheinlich ist seine Seele viele Leben älter als meine, denn er ist so viel weiser als ich es bin!
Er war 6 Monate alt, als er seinen Kopf zum ersten Mal selbst hochhalten konnte. Es hat ein ganzes Jahr gedauert, bis er eigenständig sitzen konnte. Es hat über 2 Jahre gedauert bis er laufen konnte. Für eine ungeduldige Mama eine echte Herausforderung. Ich durfte lernen, dass das Gras nicht schneller wächst, wenn man daran zieht und das die Dinge eben dann dran sind, wenn sie dran sind! Als er das erste Mal
„Mama“
zu mir sagte, dachte ich, es geschieht ein Wunder. Niemals wird für mich irgendetwas selbstverständlich sein! Er lehrte mich Dankbarkeit, Demut und Liebe.
Mit 36 Jahren habe ich die Diagnose Gebärmutterhalskrebs erhalten. Da war mein Sohn gerade mal 3 Jahre alt.Ich kann mich noch ganz genau an folgende Situation erinnern: In den 18 Wochen nach den beiden OP´s musste mein Sohn sehr zurückstecken, war ich kräftemäßig sehr am Ende. Ich konnte nicht mal eine Flasche Wasser hochheben. Wir sind an dem Tag einkaufen gefahren und er hatte die letzten Wochen geduldig zurückgesteckt. Ich wollte dass er schneller aus dem Auto steigt, als er es getan hat, weil ich mal wieder ungeduldig war und ich sagte etwas schroff „jetzt mach mal bissl schneller“. Er schaute in meine Augen und traf mich mitten in mein Herz und sagte nur leise „Mama“ mit einem Blick, der mir durch Mark und Bein ging. In dem Moment schossen mir die Tränen in die Augen und mir wurde klar, dass er die ganze Zeit sein Bestes gibt. Ich sagte zu ihm: „Entschuldige bitte, es tut mir leid. Ich weiß dass du immer dein Bestes gibst und ich bin so ungeduldig mit dir und du hast so viel Geduld mit mir. Ich danke dir dafür dass du soviel größer und stärker bist als ich.“
Diese kleine Seele hat mir die ganze Zeit geduldig zur Seite gestanden, hat mir all seine Liebe gegeben und die ganze Zeit alles gegeben was er konnte. Und ich habe es nicht gesehen.
Dieser Moment war mein Game-Changer! Seit dem betrachte ich die Menschen um mich herum mit milderen Augen! Ich bin überzeugt davon, dass jeder mit seiner ganz eigenen Geschichte und dem was er hat und kann sein Bestes gibt.
Seit dem gebe ich mir größte Mühe so oft ich kann aus Liebe zu denken und zu handeln.
Die Liebe hat viele Facetten und manchmal hat sie eine Fratze als Gewand!
Es ist auch Liebe wenn ich mit meinem Kind mal streng sein muss und ihm nicht immer gebe was er gerne hätte. Am Beispiel Schokolade ist es leicht verständlich. Auch wenn er es gerne würde, lasse ich ihn ja nicht 3 Tafeln Schokolade essen. Weil ich weiß, dass es ihm schadet und es ihm nachher nicht gut geht. Er versteht es zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht, doch meine Entscheidung habe ich aus Liebe getroffen.
Lasse ich ihn seine eigenen Entscheidungen treffen, zum Beispiel im Winter draußen keine Jacke anzuziehen, wird er seine eigenen Erfahrungen machen. Ich kann da noch so viel reden, dass es ihm dann kalt wird, wenn er seine Jacke nicht anzieht. Letztendlich darf er diese Erfahrung machen und ich ihm zutrauen, dass er es selbst lernt und die Jacke dann freiwillig anzieht, weil sich das doch besser anfühlt.Da gibt es auch Situationen, in denen ich konsequent bin, seine Wünsche ablehne, weil er das Ausmaß der Auswirkung nicht erkennen kann. Da zerreißt es mir manchmal das Herz wenn ich so entscheide.
Hier geht es nicht darum, dass ich meinen Willen durchsetze um seinen Willen zu brechen.
Auch Grenzen setzen bedeutet Liebe,
die ihm letztendlich Sicherheit geben, einen sicheren Rahmen für sein Leben schaffen, in denen er sich frei entfalten und entwickeln kann. Ihn in seiner Entwicklung zu unterstützen, seine Talente und Fähigkeiten zu sehen und zu fördern, ihn zu einem selbständigen Menschen zu erziehen der selbst kritisch Denken und Handeln kann, ihn auf das Leben mit all seinen Facetten vorzubereiten
ist meine Pflicht!
Und dazu gehören nun mal nicht nur rosa Wolken und ihm alles abzunehmen, was schwierig ist. Wenn er vom Leben eine Herausforderung bekommt, dann ist es seine Aufgabe sie zu lösen. Ich kann ihn dabei unterstützen und zur Seite stehen, wenn ich sehe, dass er es alleine nicht hinbekommt und um Hilfe bittet. Ihm diese Aufgabe aber abzunehmen ist einfach nicht richtig! Denn ich weiß es ja nicht besser als der liebe Gott. Der hat sich ja nicht vertan und den Auftrag versehentlich bei ihm abgeliefert. Wenn es mein Auftrag wäre, hätte er ihn mir gegeben.
Das ist Erziehung auf Augenhöhe und das tue ich mit allergrößtem Respekt und größter Liebe zu diesem Menschen!
Ich bin fest davon überzeugt, dass es unser größter Liebesdienst an anderen Menschen ist, sie in ihrer Entwicklung zu unterstützen, auch wenn unser Ego da manchmal zurückstecken muss. Insbesondere bei den Menschen, die wir lieben!
Der liebe Gott – oder nenne es das Leben oder das Universum oder wie immer du möchtest – handelt mit uns genauso. Ob ich an Gott glaube? Ja – das tue ich. Ich spreche jeden Tag zu ihm. Danke ihm für alles was oder wen er in mein Leben schickt. Auch wenn sich manches nicht immer gut anfühlt, sich der Sinn manchmal erst viel später erschließt, so bin ich überzeugt davon, er handelt aus purer Liebe, so wie ich bei meinem Kind. Neale Donald Walsch schreibt in seinem Buch „Gespräche mit Gott“ darüber, dass es im Leben der Menschen immer nur zwei große Motivatoren gibt, aus denen der Mensch handelt.
Die Liebe und die Angst
Darunter gibt es viele Unter-Themen, doch die großen Überschriften bleiben Liebe und Angst. Ob ich manchmal Angst habe? Ja klar! Sie ist ein Teil von mir der mich beschützen möchte und der mir hilft zu leben! Sie meint es immer gut mit mir! Danke Angst! Aber da gibt es ja noch viele andere Teile in mir, die in mir stärker repräsentiert sind,
weil ich sie nähre!
Da sind zum Beispiel mein Glaube, mein Mut, meine Zuversicht – ja und natürlich die Liebe!
Und ich entscheide mich dann immer aus der Motivation der Liebe heraus zu handeln, auch wenn das meistens nicht der leichteste Weg ist.
Es ist aber immer der Weg ins nächste Level des großen Spiel des Lebens, der Weg in die Freiheit, der Weg mit den größten Reichtümern, die man sich noch nicht einmal vorstellen kann!
Andere Menschen verstehen diesen Weg oft nicht, fragen mich, ob ich weiß was ich da tue und spiegeln damit meine inneren Zweifel. Ich nehme sie ernst, setze mich konkret mit ihnen auseinander, finde eine Lösung aus der Motivation der Liebe heraus, weil mein Ego scheitern würde! Dann weiß ich, dass ich hier richtig bin, denn der richtige Weg ist nicht der, der sich auf den ersten Blick gut und leicht anfühlt.
Der Weg, der sich anfangs riesig wie ein Berg anfühlt, beschwerlich zu sein scheint und der angsteinflößend wirkt, ist meistens der Richtige.
Das ist wie mit der Erstverschlimmerung auf dem wirklichen Heilungsweg
Da kommen auch erst Rückschläge und ich zweifele ob es richtig ist. Und wenn ich dann stark und wachen Geistes meinem Weg folge und ihn dann Schritt für Schritt mutig und zuversichtlich gehe, offenbart sich mir seine Schönheit! Schüchtern, demütig und dankbar bewundere ich alles was sich auf ihm befindet. Es ist so groß, dass ich es mit meinem Verstand nicht erfassen kann, also lasse ich es, öffne mein Herz, fühle und lasse es zu, lasse mich aufrichtig darauf ein.
Generationen vor uns hat man beigebracht, sich nicht zu umarmen, keine Gefühle zu zeigen, vor allem die Männer hat man gelehrt, dass sie nicht zu weinen haben und keine Schwäche zeigen dürfen. Dr. Phil. Mathias Jung, der mit seinen 82 Jahren im Herzen sehr jung geblieben ist, hält wöchentliche Vorträge im Max-Bruker-Haus in Lahnstein. Er nennt den Mann gerne „das emotionale Sparschwein“.
Was ist genau daraus geworden? Menschen, die sich und andere Menschen nicht mehr spüren können.
Hat das wirklich was mit Stärke zu tun? Mitnichten!
Es ist wirkliche Größe und Stärke, seine Gefühle wahrzunehmen, zu ihnen zu stehen und vielleicht sogar mitzuteilen, ohne Ängste, was daraus resultieren könnte.
Das ist stark! Das ist echt! Das ist groß!
Man hat uns beigebracht, dass man mit der Liebe sparsam umgehen muss. Man darf nicht ständig sagen, dass man den anderen liebt, das könnte langweilen. Und ich finde, es gibt nichts auf der Welt, mit dem wir großzügiger umgehen sollten, als mit Liebe! Diese Welt sollte überflutet werden von Liebe. Liebe nährt, Liebe heilt alte Wunden im Augenblick ihrer Offenbarung, Liebe bereichert! Es sollte unsere Mission und Passion sein, jeden Tag die Liebe großzügig in dieser Welt zu verteilen!
Wenn du dich für die Liebe entscheidest, reißt sie dir alles aus Herz und Verstand was nicht Liebe ist!
Ihr Lieben und ihr Liebenden, lasst uns die Dosis erhöhen!
Ich wünsche euch von Herzen einen grandiosen Valentinstag!
In Liebe und von Herz zu Herz, Alexandra